Laurent Vulliez, wann haben Sie das letzte Mal ausländischen Wein getrunken?
Erst gestern Abend haben wir einen neuen Wein verkostet. Ich denke, man sollte offen dafür sein, ausländischen Wein zu trinken.
Geht es Ihnen darum, herauszufinden, was die anderen machen?
In berühmten Regionen wie dem Burgund gibt es sehr interessante Weine. Doch wir dürfen nicht kopieren, was anderswo gemacht wird. Wir haben unsere eigenen Rebsorten und Terroirs. Unsere Weine haben ein Niveau, um das wir andere nicht beneiden müssen.
Mit welchen Argumenten überzeugen Sie Ihre Kundschaft von Schweizer Wein?
In der Schweiz haben wir den Vorteil, über eine sehr grosse Auswahl zu verfügen: Man kann Weisswein, Rotwein oder Rosé wählen, es gibt fruchtige, leichte, mineralische oder sehr tanninhaltige Weine, wir haben Lagerweine und schnell trinkbare Weine. Dank dieser enormen Vielfalt ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Was spricht noch für Schweizer Wein?
Wer Schweizer Wein wählt, unterstützt die lokale Wirtschaft und erhält die regionale Landschaft. Der Weinbau bringt eine grosse Biodiversität mit sich, unter anderem dank der Begrünung in den Reben. Geht es um die Nachhaltigkeit, ist der Schweizer Wein klar im Vorteil.
Wieso?
Wir alle halten uns an die nachhaltigen Standards. Und bei uns kommt der Wein quasi von nebenan, statt ihn aus dem Ausland zu importieren.
Geht es um die Kosten, sind Schweizer Weine gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz allerdings nicht im Vorteil …
Wir sind nicht teurer, weil wir glauben, besser zu sein, sondern weil bei uns alles mehr kostet. Von den Löhnen und Sozialabgaben für die Arbeitskräfte bis hin zur Lieferung der Trauben, der Verarbeitung und dem Verkauf: All die kleinen Glieder in der Produktionskette sorgen dafür, dass Schweizer Wein etwas teurer ist. Doch bei uns werden die Arbeitskräfte korrekt bezahlt, was im Ausland nicht immer der Fall ist. Es gibt in der Schweiz Wein für 6 Franken die Flasche, für 20, 50 oder mehr – und damit auch hier eine grosse Auswahl.
Sie führen die Domaine de Vignolles in fünfter Generation. Wie hat sich das Weingut zuletzt verändert?
Jeder bringt seine eigene Sache mit. Früher war es ein Gut mit Kühen, Landwirtschaft und Weinbergen. Mein Vater hat vor allem die Mechanisierung vorangetrieben. Und auch ich passe mich dem Zeitgeist an, etwa was den Klimawandel betrifft. Wir haben noch viele Herausforderungen vor uns, etwa einen Teil der Rebsorten zu ändern. Wir haben eine grosse Vielfalt, aktuell sind es 21 Sorten.
Macht Ihnen der Klimawandel Sorgen?
Ich denke, dass wir Winzerinnen und Winzer die Klimaerwärmung als Vorteil sehen müssen. Die vorige Generation hat vor 20 oder 30 Jahren Merlot- und Cabernet-Reben eingeführt. Heute machen wir in der Schweiz damit super Weine. Man sollte versuchen, das Neue so anzunehmen, wie es ist. Klar müssen wir uns heute stark an die Trockenheit anpassen. Auf einer Parzelle von einem Hektar wächst fast 8000 Quadratmeter Gras – das ist eine grosse Konkurrenz für die Reben. Ich muss mir also den Boden ansehen, die Rebsorten, die ich anbauen will, die Ausrichtung der Parzellen. Doch ich sehe das als interessante Herausforderung.
Welche Pläne für die Zukunft haben Sie?
Wir haben immer viele Ideen. Aber wenn ich einen Weinberg neu bepflanze, tue ich dies für diejenigen, die nach mir kommen. Vom meisten, das ich anlege, werde nicht unbedingt ich selbst die Früchte tragen.
Zum Schluss: Was ist Ihre Lieblingsrebsorte?
Ich mag Gamaret sehr, denn das ist eine Rebsorte, die in der Schweiz gezüchtet wurde. Und in Genf hat sie sich besonders gut angepasst. Es ist eine Traube, die leicht zu bearbeiten ist, die Krankheiten gut verträgt, wenig Fäulnis aufweist und gute Produkte hervorbringt. Mit unseren Trauben macht die Cave de Genève einen Gamaret im Eichenholz, der wirklich aussergewöhnlich ist.
Zu welchem Essen trinken Sie ihn am liebsten?
Ich bin auch Fleischproduzent, also Viehzüchter. Wir grillieren gerne ein Rindskotelett auf einem Feuer aus alten Rebstöcken – das gibt einen besonderen Geschmack – und trinken dazu einen kräftigen Gamaret.
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