Waadtländer Winzerin will wiederverwendbare Flaschen etablieren

Weinflaschen verursachen einen grossen Anteil des CO2-Ausstosses im Weinbau. Mit «Bottle Back» verfolgen Catherine Cruchon und ihr Team einen nachhaltigeren Ansatz.

© Catherine Cruchon
Wednesday 25 Sep 2024 Nachhaltigkeit

«Bottle Back» ist das erste nationale Projekt von Winzerinnen und Winzern, die die Rückkehr einer gemeinsamen abwaschbaren Weinflasche testen. Damit wollen sie Energie sparen, die Nutzung von Rohstoffen verringern und den CO₂-Fussabdruck im Weinsektor senken. Catherine Cruchon, Winzerin bei der Domaine Henri Cruchon im waadtländischen Echichens, gehört zu den Initiantinnen.

Catherine Cruchon, weshalb haben Sie das Projekt «Bottle Back» lanciert?

Mir ist es ein Anliegen, die CO₂-Bilanz der Weinbranche zu verbessern. Die Glasflasche ist einer der grössten CO2-Verusacher– sie macht 30 bis 40 Prozent des ökologischen Fussabdrucks eines Schweizer Weinguts aus. Mich hat motiviert, dass man in diesem Punkt etwas verändern kann: Studien zeigen, dass die CO₂-Bilanz einer Flasche durch das Wiederverwenden um bis zu 85 Prozent gesenkt wird. Das in der Schweiz sehr gut praktizierte Recycling spart zwar Material, jedoch fast keine Energie. Recycling reicht heute nicht mehr aus –stattdessen müssen wir zur Wiederverwendung übergehen.

Gibt es Weinbauregionen, die Ihnen als Vorbild dienen?

Es gibt mehrere Weinbauregionen auf der Welt, die versuchen, waschbare Flaschen einzuführen. Oft sind das jedoch eher regionale oder individuelle Ansätze. Wir dagegen wollen ein Sammelsystem auf nationaler Ebene. Unser Ziel ist es, die Schweizer Winzerinnen und Winzer in einem einzigen Projekt zu vereinen.

Wie wollen Sie das erreichen?

Zuerst einmal müssen die Konsumenten ihre Flaschen an ihrem Wohnort abgeben können. In der Schweiz haben wir den Vorteil, dass fast kein Wein exportiert wird, die Flaschen bleiben also im Land. Es hilft, dass wir ein eher kleines Land sind –die Transportwege sollten nicht mehr als 200 Kilometer lang sein. Nicht zuletzt sind sich die Leute bereits gewöhnt, ihre Abfälle zu sortieren: In der Schweiz werden mehr als 94 Prozent des Glases recycelt.

Welche ist aktuell Ihre grösste Herausforderung?

Um ein Sammelsystem in der ganzen Schweiz zu etablieren, müssen wir die Winzerinnen und Winzer davon überzeugen, dass sie alle dieselbe Flasche verwenden.

Für alle Weinsorten?

Weiss- und Rotweine sowie Rosés müssten alle in dieselben Flaschen gefüllt werden, ja. Bei Schaumweinen würde ich mich nicht getrauen, wiederverwendbare Flaschen zu benützen. Wenn sie während des Transports und der Reinigung auch nur einen winzigen Defekt bekommen, könnte dies aufgrund des Drucks sehr gefährlich sein.

Bei den anderen Sorten sehen Sie kein Problem?

Klar gibt es heute hellere und dunklere Flaschen, höhere und kleinere. Aber fast alle Weine werden entweder in Bordeaux- oder Burgunder-Flaschen abgefüllt. Unser Ziel ist es, für beide Formate eine schöne Flasche anzubieten. Sie muss so widerstandsfähig sein, dass sie auch nach 50-maligem Waschen nicht kaputtgeht. Aktuell gibt es eine Tendenz, dass Glasflaschen immer teurer werden, vielleicht wird es eines Tages sogar schwierig, überhaupt genügend Flaschen zu bekommen. Da würde das Wiederverwenden Abhilfe schaffen.

Catherine Cruchon

Was gibt es an weiteren Schwierigkeiten?

Ein neues Sammelsystem einzuführen. Beim Recycling macht es nichts, wenn eine Flasche zerbricht. Wenn sie jedoch als Ganzes wiederverwendet werden soll, muss man ein System finden, die Unversehrtheit der Weinflasche garantiert. In Deutschland gibt es solche Maschinen, die sind jedoch kompliziert und teuer.

Welche Vorbehalte haben die Winzerinnen und Winzer?

Oft geht es ihnen um das Image. Damit eine Flasche wiederverwendet werden kann, muss das Etikett ablösbar sein. Das bedeutet, dass der Winzer vielleicht nicht exakt das Etikett behalten kann, das er heute hat. Sobald man eine Gewohnheit ändern muss, kann das für Verunsicherung sorgen. Doch dem Projekt haben sich schon fast 50 Winzerinnen und Winzer angeschlossen. Ich hoffe, dass das andere dazu veranlasst, auch ein Teil davon sein zu wollen. Immerhin können wir mit unserem Projekt auch die hiesige Wirtschaft ankurbeln.

Inwiefern?

In allen Schritten arbeiten wir mit Schweizer Unternehmen zusammen: Die Weinflaschen werden in der Schweiz gesammelt, gewaschen, transportiert, abgefüllt und konsumiert.

Was sind Ihre nächsten Schritte?

Wir sind dabei, die Zeichnungen für die neuen Flaschen fertigzustellen. Zudem bemühen wir uns um die Finanzierung und suchen einen Projektmanager.

Sind Sie optimistisch, dass in Zukunft alle Weinflaschen in der Schweiz wiederverwendet werden?

Wir haben wohl keine Wahl, weil die Natur uns dazu zwingt. Ich will jedoch niemandem etwas aufzwingen. Ich möchte, dass das Projekt so gut ist, dass die Winzerinnen und Winzer von allein Lust haben, mitzumachen. Dabei kann auch die Öffentlichkeit ihren Beitrag leisten.

Wie das?

Indem wir ein Projekt vorschlagen, das funktional ist, Lösungen für die Sorgen der Winzerinnen und Winzer bietet und unseren Weinen ein positives Image verleiht. Wenn die Kunden dich als Winzerin fragen, warum du keine wiederverwendbaren Flaschen verwendest, und du das viermal am Tag hört, wirst du vielleicht irgendwann beschliessen, das auch zu probieren. Aktuell scheint diese Art von Projekten in der Öffentlichkeit gut anzukommen – das stimmt mich zuversichtlich!

Schweiz. Natürlich.